Startpunkt als individuelles Hilfsangebot

Kreis Hersfeld-Rotenburg | Marie‘s* Leben war im Herbst 2020 komplett aus den Fugen geraten. Die junge Frau war obdachlos, verschuldet, drogenabhängig, ihr seelischer und körperlicher Gesundheitszustand war kritisch und sie hatte seit Jahren keinen Zugang zu Hilfs- oder Unterstützungsangeboten. Sie verbrachte die meiste Zeit des Tages an einschlägig bekannten öffentlichen Plätzen. Hier konnte sie von einer Mitarbeiterin des Projektes startpunkt im Rahmen der Brennpunktarbeit erstmals angesprochen werden. „Erfahrungsgemäß ist der Aufnahmeprozess in das Projekt sowohl für die Zielgruppe als auch für das Projektteam ein wichtiges Ereignis. Der junge Mensch muss entscheiden, ob er freiwillig in eine Beziehung mit den Hilfegebenden gehen möchte. Dies ist besonders bei dieser Zielgruppe schwierig, da in der Regel über einen längeren Zeitraum keinerlei Beziehungsarbeit stattfand und sich das Vertrauen meist erst hart erarbeitet werden muss“, erklärt Koordinatorin Regine Möhne. Die Sozialpädagogen prüfen, ob eine Teilnahme an dem Projekt startpunkt möglich und sinnvoll ist. Dafür müssen die Jugendlichen bereit für eine Mitarbeit sein, sich öffnen können und oft auch erst gesundheitlich stabilisiert werden. Im Gegenzug sichern die Sozialpädagogen in der Kontaktphase Verschwiegenheit und Anonymität zu,“ so Möhne weiter.

Marie nahm das Hilfsangebot startpunkt schnell an und die Zusammenarbeit mit ihr verlief in kleinen Schritten basierend auf dem Prinzip der Akzeptanz und es folgten erste Ergebnisse.

„Es wurde Vertrauen und Akzeptanz aufgebaut und eine sichere Anlaufstelle angeboten, die Marie dankend nutzte und mit dessen Hilfe das zu Beginn stark vorhandene Fluchtverhalten von Marie deutlich reduziert werden konnte“, erläutert Sozialpädagogin Cornelia Göbel. Marie‘s Bereitschaft zur Zusammenarbeit war schwankend und ihr Verhalten aufbrausend bis aggressiv. Es konnte dennoch ein neuer Personalausweis beantragt werden, da Marie ihre persönlichen Sachen verloren hatte. Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Wünsche von Marie gelang es langsam, einen Kontakt zum Elternhaus herzustellen, um die erforderlichen Unterlagen für einen SBG II Antrag zu vervollständigen und wichtige Bezugspersonen kennenzulernen. Auch die prekäre Wohnsituation konnte nach einigen Wohnungsbesichtigungen für Marie in Bad Hersfeld gelöst und eine Wohnung gefunden werden, die ihre Obdachlosigkeit beendete. Damit Marie SGB II Leistungen bereits während der Wohnungssuche beziehen konnte, wurde mit Hilfe eines karikativen Netzwerkpartners von startpunkt eine Postadresse eingerichtet. „Diese ist nämlich für einen Antrag vonnöten, damit das Jobcenter prüfen kann, ob es örtlich zuständig ist.“ erklärt Frau Göbel. Mit einem Teil des Geldes der Grundsicherung wurde begonnen, einen ersten Teil der aufgehäuften Schulden zu begleichen. Dieser Prozess war stets abhängig von Marie‘s Gefühlszustand und geriet im Laufe der Zusammenarbeit des Öfteren ins Stocken, wenn Marie wieder abtauchte und die Zusammenarbeit verweigerte. Auch der Drogenkonsum von Marie verringerte sich zwischendrin deutlich. „Doch nach den ersten Ergebnissen kam es zu Rückschlägen. Der Drogenkonsum nahm wieder zu und bestimmte den Alltag. Sie verlor erneut den Personalausweis und verschuldete sich abermals. Dann brach sie den Kontakt vollständig zu uns ab“, so die Sozialpädagogin. Nach etwa einem Monat suchte Marie startpunkt in einem sichtbar schlechten Gesundheits- und psychischen Zustand wieder auf. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe wurde vorbehaltlos fortgesetzt. Ein neuer Personalausweis wurde beantragt, es folgten Termine bei der Drogen- und Schuldenberatung. Dem startpunkt-Team gelang es, Marie wieder u. a. mit Hilfe von Gesundheitsworkshops an das Sozialsystem anzukoppeln und sie in kleinen Schritten wieder kontinuierlich zu stabilisieren. „Es gibt jedoch immer wieder Phasen, in denen Marie durch alte Verhaltensmuster beeinflusst wird. Marie hat jedoch sichtlich einen starken Willen im Laufe der Zusammenarbeit entwickeln können, selbstständig und eigenständig werden zu wollen, der sie antreibt und sie auf einen guten Weg bringt“, so Göbel.

Teamleiter Sebastian Münscher resümiert: „So unterschiedlich wie die Zielgruppe selbst ist, ist auch die Art ihrer Begleitung im Projekt startpunkt. Alle Fälle sind Einzelfälle und die Hilfen richten sich individuell nach den Wünschen und Bedürfnissen der jeweiligen Teilnehmenden. Die Zugänge zum Projekt sind verschieden und vor allem sind sie freiwillig. Mit unterschiedlichen Unterstützungsleistungen und Hilfsangeboten, gepaart mit einer persönlich geprägten, langfristigen Betreuungsbeziehung soll eine nachhaltige Reintegration der Teilnehmenden in das Sozialsystem gelingen“.

 

 *Name geändert

Das Projekt startpunkt ist in der Woche von montags bis freitags telefonisch unter 01512 7658272 erreichbar.

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